„Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist ein Grundrecht“

Staatsministerin Emilia Müller (2.v.r.) mit FU-Bezirksvorsitzender Gudrun Zollner (4.v.l.), MdL Reserl Sem (3.v.r.) und den stellvertretenden Bezirksvorsitzenden Andrea Malota (r.) sowie (v.l.) Ida Hirthammer, Brigitta Appelt und Johanna Gegenfurtner
MdB Gudrun Zollner auf der Bezirksversammlung der Frauen-Union: Gesetze und Werte sind nicht verhandelbar – Bayerns Sozialministerin Emilia Müller will im Kampf gegen Altersarmut bei Frauen mehr Gerechtigkeit bei der Rente
 

Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern ist ein Grundrecht, das für alle Frauen gilt, die in unserem Land leben, für Christinnen oder Muslimas, für Deutsche, Migrantinnen oder Flüchtlinge“, das hat Gudrun Zollner, die Vorsitzende der Frauen-Union (FU) Niederbayern, bei der Bezirksversammlung der FU in Dingolfing in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen gestellt. Die Bundestagsabgeordnete stellte dazu die neue Aktion „Selbstverständlich“ der Frauen-Union vor. In einem Impulsreferat rief die bayerische Staatsministerin für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, Emilia Müller dazu auf, die Besonderheiten weiblicher Lebensläufe gerechter zu berücksichtigen, um Altersarmut bei Frauen wirksam zu bekämpfen.

„Selbstverständlich“ heiße dabei, dass Frauen und Männer selbstverständlich frei und selbstbestimmt in Deutschland leben könnten. „Dies ist ein Grundrecht“, betonte Gudrun Zollner. Weil aber dennoch Frauen täglich zu Opfern von sexuellen Übergriffen würden, fordere die Frauen-Union mit „Selbstverständlich“ gleichzeitig Respekt vor unseren Gesetzen und gesellschaftlichen Werten, vor den alltäglichen Umgangsformen und vor dem selbstbestimmten Lebensstil von Frauen und Männern. Diese Gesetze und Werte würden für jeden gelten und seien nicht verhandelbar, machte die FU-Bezirksvorsitzende klar, egal ob ein Täter aus Deutschland stamme oder anderer Nationalität sei.

Gudrun Zollner forderte dazu auf, die gesellschaftlichen Grundregeln müssten in Familie, Schule, Ausbildung und Beruf ebenso vermittelt werden wie in der Integrationsarbeit. „Und sie müssen in der Praxis eingeübt werden“, so die Bundestagsabgeordnete.

Mit der Aktion „Selbstverständlich“ unterstütze die Frauen-Union die von der Bundesregierung beschlossene Verschärfung des Sexualstrafrechts und fordere, weitere bestehende Strafbarkeitslücken zu schließen. Gudrun Zollner verwies dabei auf das Prinzip „Ein Nein ist ein Nein“: Nun müsse eine Frau nicht mehr nachweisen, dass sie sich gewehrt habe, damit ein Sexualdelikt verurteilt werden könne. Endlich seien auch Gewalt aus Gruppen heraus oder Grapschereien unter Strafe gestellt. Die CSU-MdB kritisierte in diesem Zusammenhang Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), in dessen erstem Gesetzesentwurf dies nicht beinhaltet gewesen sei.

FU-Bezirksvorsitzende Gudrun Zollner nutzte ihren Arbeitsbericht vor den Delegierten aus ganz Niederbayern, um auf eine weitere große Aufgabe hinzuweisen: den Schutz von Flüchtlingsfrauen. „Es darf nicht sein, dass diese Frauen, die auf ihrer Flucht so viel mitgemacht haben und traumatisiert wurden, bei uns wieder in Gefahr geraten“, so die Wallersdorfer Bundestagsabgeordnete eindringlich. 2014 habe es in Bayern der Polizei gemeldete 684 Übergriffe gegeben, 2015 seien es bereits 1960 gewesen. Diese Zahlen seien erschreckend, denn man müsse von einer enormen Dunkelziffer ausgehen, da solche Taten selten zur Anzeige gebracht würden. Zum Vergleich: In Deutschland würden gerade einmal zehn Prozent aller Vergewaltigungen angezeigt und davon gerade einmal zehn Prozent aller Täter verurteilt.

Ausführlich stellte die FU-Bezirksvorsitzende die niederbayernweite Mitgliederwerbe-Aktion vor. Zollner: „Wir haben innerhalb eines halben Jahres 141 neue Mitglieder geworben, ein überragendes Ergebnis.“ Sie dankte für den Einsatz ausdrücklich allen Kreis- und Ortsverbänden. Die Aktion sei ein gutes Zeichen: „Es gibt sie also doch, die Frauen, die sich neben ihrer Arbeit ehrenamtlich politisch engagieren wollen.“ Insgesamt habe die Frauen-Union in Niederbayern nun 3220 Mitglieder. Den größten Zuwachs habe der Ortsverband Vilshofen (Kreisverband Passau-Land) mit 37 neuen Mitgliedern gehabt, an zweiter Stelle bereits Simbach bei Landau (Kreisverband Dingolfing-Landau) mit 17 neuen Mitgliedern und Röhrnbach (Kreisverband Freyung-Grafenau) mit zehn Neuzugängen. Was Gudrun Zollner aber besonders freute: 63 Frauen seien auch in die CSU als Mutterpartei der Frauen-Union eingetreten. „Auch dies ist ein wunderbarer Erfolg“, so die Bundestagsabgeordnete. In Niederbayern seien damit über 37 Prozent aller Frauen-Union-Mitglieder auch Mitglied in der CSU, in vielen Ortsverbänden liege der Anteil sogar bei über 60 Prozent.

Diesen Aspekt griff auch Zollners Vorgängerin als FU-Bezirksvorsitzende, die Rottaler Landtagsabgeordnete Reserl Sem, in ihrem Grußwort auf: „Wenn jede Frauen-Union-Frau CSU-Mitglied wird, dann werden wir auch Mandate erreichen.“ Denn, so die stellvertretende CSU-Bezirks-vorsitzende: „Die Musik spielt bei den Aufstellungsversammlungen.“

Wer sein Leben lang gearbeitet habe, der solle im Alter nicht auf Grundsicherung angewiesen sein, betonte Staatsministerin Emilia Müller zu Beginn ihres ausführlichen Impulsreferates. Und wer sich anstrenge und vorsorge, der müsse sich darauf verlassen können, im Alter auskömmliche Altersbezüge zu erhalten. Die Konsequenz daraus für die bayerische Sozialministerin: Nachdem das Rentensystem immer noch am Vollzeiterwerb orientiert sei, sei eine Reform der Alterssicherung offensichtlich. Nur kontinuierliche Erwerbsbiographien schützten vor Altersarmut, gerade Frauen und Familien mit Kindern hätten dadurch oft das Nachsehen.

Hintergrund: Armut im Alter sei leider vor allem ein Thema für Frauen: Ab 65 Jahren liege die
Altersgefährdungsquote mit knapp 19 Prozent bei Frauen deutlich höher als diese für Männer mit etwas mehr als 14 Prozent. „Die Gründe dafür sind leicht nachzuvollziehen“, betonte die Staatsministerin. „Frauen tragen durch längere Kindererziehungszeiten, Pflegezeiten von Angehörigen, durch Scheidung oder Niedriglohn ein höheres Risiko für ein unzureichendes Alterseinkommen.“

Um Altersarmut bei Frauen zu verhindern, brauche es mehr Chancengerechtigkeit für die Besonderheiten weibliche Lebensläufe. Drei Dinge lagen dabei Emilia Müller besonders am Herzen: Familienarbeit müsse erstens noch viel mehr ein Männerthema werden, noch immer würden selbst gut ausgebildete Frauen in Vollzeitjobs den größten Teil der Kinderbetreuung und –erziehung übernehmen. Zweitens müssten sogenannte Frauenberufe endlich aufgewertet und angemessen bezahlt werden, vor allem soziale Berufe wie Alten- und Krankenpflegerin oder
Kindergärtnerin. Und drittens brauche es familienfreundliche Arbeitsbedingungen und qualitativ hochwertige Kinderbetreuungsmöglichkeiten in Unternehmen. Müller: „Dazu ist aber ein Umdenken in der Gesellschaft, auch bei Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen, erforderlich.“

Die bayerische Politik setze den Auftrag, bessere Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu schaffen, konsequent um: So bezahle Bayern neben Sachsen als einziges Bundesland noch ein eigenes Landeserziehungsgeld, das vor allem Alleinerziehenden eine wichtige Hilfe sei. Die CSU setze sich schon immer für Wahlfreiheit der Familien ein. Deshalb wurde erst letzte Woche von der Bayerischen Staatsregierung das Landesbetreuungsgeld beschlossen, rückwirkend zum 01.01.2015. Die Sozialministerin kündigte an, „wir werden die Einkommensgrenzen dafür weiter anheben, so dass diese Leistung wieder in der Mitte der Gesellschaft ankommt. Bayern soll ein kinderfreundliches Land bleiben.“

Emilia Müller erzählte sehr persönlich von den Schwierigkeiten, die sie in den 1980er Jahren gehabt habe, als sie nach 13 Jahren Kindererziehung wieder ins Berufsleben einsteigen wollte. Sie habe sich damals als erste Frau an der Universität eine Teilzeitstelle erkämpft. Die Ministerin
appellierte an die Frauen, alle Maßnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung, die es heute in Bayern gebe, zu nutzen.

Elementar im Kampf gegen Altersarmut bei Frauen ist für die Sozialministerin die bessere Anerkennung von Familienarbeit bei der Rente: Die von der Frauenunion und der CSU so lange geforderte Mütterrente komme inzwischen in ganz Deutschland neun Millionen Frauen zugute, allein in Bayern 1.1 Millionen Frauen. Diese Anerkennung der Erziehungsleistung bedeute inzwischen in der Regel im Jahr 330 Euro Rente mehr pro Kind.

Dabei will Emilia Müller aber nicht stehen bleiben: Teil einer von Ministerpräsident Horst Seehofer angestoßenen Rentenreform solle die Anerkennung eines dritten Kindererziehungsjahres für Mütter mit vor 1992 geborenen Kindern sein. Dies sei zwar mit 6,5 Milliarden Euro pro Jahr eine sehr teure Maßnahme. „Damit würden aber alle Mütter endlich gleichbehandelt“, so Müller abschließend.

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