Initiativen gegen rechtes Gedankengut
Deggendorf. (ag) Rechtspopulistisches Gedankengut ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Dass Fremdenfeindlichkeit weit verbreitet ist, zeigen Statistiken auf: Mehr als 30 Prozent der Deutschen stimmen den Aussagen zu 'Ausländer kommen, um den Sozialstaat auszunutzen' und 'Bei knappen Arbeitsplätzen sollte man Ausländer wieder in ihre Heimat schicken'. Erschreckende Tatsachen, die zudem befürchten lassen, dass Ausländerfeindlichkeit und Sozialdarwinismus die Demokratie gefährden.
Das aus 80 Prozent Bundesmitteln finanzierte Programm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ ermöglicht bis 2019 Projekte, Maßnahmen und Strukturförderungen, die diesem bedenklichem Trend entgegenwirken sollen. Als Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend besuchte MdB Gudrun Zollner die regionale Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus Niederbayern, die beim Kreisjugendring Deggendorf angesiedelt ist. Dass durch die Bundesmittel die landesweite Koordinierung der Demokratiezentren und die Opfer-, Ausstiegs- und Elternberatung verbessert werden konnte, bestätigte Julia Eder, Leiterin der niederbayerischen Einrichtung. Dennoch habe Bayern Nachholbedarf, da gerade mit den steigenden Flüchtlingszahlen auch das Ressentiment gegenüber Ausländern zunehme. Julia Eder unterstützt Jugendverbände, Vereine und auch Kommunalpolitiker in punkto Radikalisierungsprävention, bietet Workshops und Multiplikatiorenschulungen an und sensibilisiert mit ihren Vorträgen die Bevölkerung. „Wir machen leider die Erfahrung, dass die Angst in Deutschland vor Fremdenüberflutung durch mediales Halbwissen geschürt wird. Leider dringen viel zu wenige positive Fakten durch“, so Eders Erfahrungswerte. Wünschenswert wäre zudem, dass auch Präventionsprogramme an Schulen durchgeführt werden können. Dazu seien jedoch die Kapazitäten derzeit zu eingeschränkt.
Man solle sich in Erinnerung rufen, dass die Flüchtlinge, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland kamen, ebenso die Gastarbeiter, am heutigen wirtschaftlichen Status der Bundesrepublik einen unumstritten hohen Anteil haben, so Gudrun Zollner. „Die unterschiedlichen Fertigkeiten und Eigenheiten von Einheimischen und Ausländern ergänzen sich. Wichtig ist auch, dass die jeweiligen Traditionen und kulturellen Bräuche nicht verloren gehen, sondern sich gegenseitig bereichern“, unterstrich Zollner. Migration habe auch heute positive Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum, da Zuwanderung das Arbeitskräfte- und Produktionspotential vergrößert.
Gleichzeitig lobte Zollner das engagierte Handeln vieler Organisationen und Bürger, die durch die Beratungsstelle nun eine strukturierte Hilfestellung erhalten. „Es gibt sehr viele positive Beispiele für ehrenamtlich Engagierte, die dafür sorgen, dass Integration nicht nur eine leere Worthülse bleibt.“
Dass die Beratungsstelle beim Kreisjugendring angesiedelt ist, schaffe positive Synergieeffekte, weiß Geschäftsstellenleiter Martin Hohenberger. Dies erleichtere die notwendige Netzwerkbildung. Durchaus bedauerlich sei, dass viel zu wenige Kommunen Mittel abgreifen, um Partnerschaften für „Demokratie leben“ zu schaffen. „Handlungsbedarf besteht in jedem Fall. Übergriffe auf Asylbewohnerheime lassen aufhorchen, der Unmut über die Flüchtlingswelle wächst, obgleich die Zahlen weit unter den Werten vor vor zehn Jahren liegen“, bekräftigt Hohenberger.
Das abschließende Resümee aus dem Vor-Ort-Gespräch ergab, dass noch viele Aufgaben zu bewältigen sind, um der gelebten Demokratie ein lebendiges Gesicht zu verleihen.
(Text: Angelika Gabor)